Die Sehnen und Nerven von Herrschaft und Gesellschaft: Straßenbau und Postorganisation als Herrschaftstechniken im 18. Jahrhundert (2024)

Folgender Beitrag ist veröffentlicht worden in: Frank Göse, Heinrich Kaak (Hg.), Infrastruktur und Daseinsvorsorge in der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Mark Brandenburg, (= Schriften der Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark Brandenburg, 15), Berlin 2024, S. 105-128

1. Kommunikation und Herrschaft[1]


Weltweit operierende Superschiffe, überbordend beladen mit Flüssiggas oder mit jeweils fast 10.000 Automobilen neben gigantischen, beinahe einen halben Kilometer langen Containerfrachtern mit Gütern aller Art, Flugzeuge, die im Winter die Regale unserer Supermärkte mit Schnittblumen und Erdbeeren aus Kenia oder Peru füllen, ein dichtes Netzwerk von Satelliten und Funkmasten, die uns per Mobiltelefon oder Tablet mit jedem Menschen auf der Erde in Sekundenbruchteilen verbinden, aber auch weltweit operierende Internetkonzerne, die in bisher nie dagewesener Weise User-Informationen abgreifen und vermarkten oder asoziales Multimedia, das uns in vollkommen neuer Dimension mit destruktiven Phänomenen wie Fake News und Hate Speech beglückt – bereits dieses kurze Innehalten verdeutlicht auf eindringliche und dramatische Weise im guten wie im negativen Sinne die fundamentale Bedeutung von Verkehr, Transport und Kommunikation für die menschliche Spezies.[2]

Mag diese spezifische dramatische Dynamik unserer Tage auch und vor allem das Ergebnis von Post-Industrialisierung, Turbo-Kapitalismus und Globalisierung im letzten Viertel des 20. und dem ersten Viertel des 21. Jahrhunderts sein, so haben doch offenbar aufeinander abgestimmte Mechanismen von Austausch und Weitergabe von Gütern und Informationen schon immer eine wichtige Rolle für die Menschheit, spätestens seit deren Seßhaftwerdung (sozusagen im kulturanthropologischem Blickwinkel) eingenommen. Zwischen diesen weit voneinander entfernten Zeitabschnitten befindet sich mit der Frühen Neuzeit eine spezifische Epoche, in der sich die heutige Entwicklung in ihren Ursprüngen, vor allem aber die erkennbar einsetzende Beschleunigungsphase für uns recht deutlich abzeichnet. So ist es alles andere als ein Zufall, dass der bekannte englische Politiker und Philosoph Francis Bacon (1561-1626) Ende des 16. Jahrhunderts das damals wie heute geflügelte Wort „Knowledge is power“, Wissen ist Macht, prägnant prägte.[3]

Bevor wir an zwei Beispielen konkret werden, lassen Sie uns kurz einen Überblick verschaffen auf die Motive, Interessen und Ursachen dieser frühneuzeitlichen Verdichtung von Kommunikation, Transport und Informationsweitergabe. Im Großen und Ganzen lassen sich drei, jeweils miteinander verflochtene Positionen erkennen: ein politisch-herrschaftlicher, ein fiskalisch-ökonomischer sowie ein gesellschaftlich-kultureller Faktor.

Bleiben wir zunächst beim politisch-herrschaftlichen Faktor. Im Zuge der Monopolisierung von Herrschaft, also dem im Kontext des Staatsbildungsprozesses zu beobachtenden sukzessiven Machtzuwachs der Könige und Fürsten, mithin also der Landesherren, auf Kosten der seit dem Mittelalter mitregierenden Stände, gehörte es zu den zentralen Herrschaftsideologien, dem Bild des gerechten und fürsorgenden Herrschers zu entsprechen, also jederzeit für die Sicherheit seiner Untertanen sorgen zu können. Diese Fähigkeit des Landesherrn begründete in den Augen der Zeitgenossen überhaupt erst dessen Legimitation zur Herrschaft (unabhängig von Erbfolgeregelungen, die eher die legalen, nicht die legitimen Aspekte berühren).

Insofern erhalten Informationen über ausfallende Ernteerträge, drohende Hungersnöte, Seuchen, Feuersbrünste, aber auch Unruhen und Kritik aus dem Land für die politische Zentrale eine elementare Funktion, um mit verschiedenen Maßnahmen dem aufkommenden Unheil entschieden entgegenzutreten.[4] Flankiert wurde diese zentrale Interessenlage von philosophisch neu ausgerichteten Herrschaftsvorstellungen, die im Kontext der Wiederentdeckung antiker Ideen entwickelt wurden. So beschwörte etwa Justus Lipsius (1547-1606) eine rationale Regierungsweise, die Beherrschung von Affekten und stattdessen ein rationales Kalkül beim Regierungshandeln.[5] Im Kern ging es dabei um eine neue Form der Wissensaneignung und des Informationsmanagements. Eine neue Regierungsweise, eine Verbindung von Rats- und Kabinettsregierung, die die alte Form des Kammerregiments ablösen sollte, wurde als Voraussetzung erachtet. Zumeist wurde diese oberste Behörde als Geheimer Rat bezeichnet. Das Fundament dieses Regiments bildet die Ressortierung, also die aus sachlichen Gründen notwendige Spezialisierung der Regierungsgeschäfte auf verschiedene Ressorts. Wurden zuvor die Verwaltungsaufgaben nach personellen Gesichtspunkten bewältigt, mussten sich nun die jeweiligen Räte auf die bestehenden Sachgruppen einstellen. Damit wurde eine neue Sicht auf die Verwaltung eingeleitet, die maßgeblich die Herrschaftsausübung systematisierte wie auch den Wirkungskreis der Leitungs- und Kontrolltätigkeit erheblich ausweitete. Gleichzeitig setzte eine Zentralisierung ein, mit der Ausweitung der Verwaltungstätigkeit wurden immer weitere Aufgabenfelder erschlossen. Wesentliche Bedeutung kam nunmehr den Helfern des Fürsten, den Räten, zu. Bereits im Laufe des 16. Jahrhunderts hatten die Landesherrn damit begonnen, nicht mehr nur Vertreter der Stände, des regionalen Adels heranzuziehen, sondern immer häufiger an den Universitäten ausgebildete Juristen, in der Mehrzahl Bürgerliche und oft genug aus einem anderen Land stammend, mit Regierungsgeschäften zu beauftragen. Diese Räte waren den Fürsten willfährige Helfer gegen den eigenen Adel, sie standen in einer neuen Art von Dienstverhältnis, wurden überwiegend mit festen Geldbeträgen entlohnt.[6] In vielen Herrschaften Europas wurden innerhalb weniger Jahrzehnte die neuen Maximen mit der Gründung entsprechender Zentralbehörden wie dem Geheimen Rat umgesetzt. Bereits sehr früh im 16. Jahrhundert wurde 1526/27 ein Geheimer Rat in Österreich gegründet, 1574 folgten Kursachsen und 1581/82 Bayern. In Brandenburg wurde demgegenüber erst relativ spät, im Jahre 1604, ein Geheimer Rat eingerichtet. Diese neuen Regierungsformen gerieten zu Ausgangspunkten weiterer Herrschaftsintensivierung. Die Tätigkeit der Räte umfasst Planung, Lenkung und Kontrolle des Regierungshandelns, wozu vor allem die Vorbereitung der Gesetze, die Aufsicht über die Finanzen, das Lehns- und Kriegswesen und die gesamte innere Verwaltung zählen. Kernpunkt und Voraussetzung ist die systematisch-wissenschaftliche Informationserhebung und Informationsverarbeitung der Regierung. Hatte bereits Lipsius herausgestrichen, dass Erfahrung und Kenntnis der Natur des Landes und der Menschen wesentliche Bedingung der „Staatsklugheit“ sei, so wurden von den Geheimen Räten sehr bald in großem Maßstab serielle Datenreihen abgefordert. Im Laufe des 17. und im 18. Jahrhundert wurden nach den Richtlinien der Policeywissenschaft und den Vorgaben der Kameralisten zunehmend neue Informationen erhoben und dieses Wissen nach entwickelten Schemata klassifiziert und eingeordnet. Es galt die Devise präziser, öfter und detaillierter. Mit regelhaften Zählungen hatte man bald regelmäßige Informationen über die Bevölkerungsdichte des Landes und die Anzahl der Feuerstellen, also der Haushalte und Steuerzahler. Bald kamen besondere Handreichungen über die Informationserhebung für die nachgeordneten Amtsträger hinzu, immer genauere Tabellen mit vielen Spalten und Zeilen, Klassifikationen und Zuweisungen also, wurden vorgedruckt, in die die Daten nur noch einzutragen waren. Schließlich wurde Mitte des 18. Jahrhunderts mit der Vermessung des gesamten Territoriums begonnen und damit auch letzte weiße Flecken ausgefüllt. Aber nicht nur Steuerregister, Einwohnerlisten, Meldungen über Taufen, Trauungen und Beerdigungen oder Verzeichnisse der Zünfte über Betriebsgrößen wurden angefordert. Zugleich wurde die Verpflichtung der örtlichen Obrigkeiten zur Einsendung von regelmäßigen Berichten durchgesetzt und gezielt Kontrollreisen einzelner Räte organisiert. In regelmäßigen Abständen oder, wenn etwas Außergewöhnliches vorgefallen war, auch außerhalb der Reihe, hatten die Amtsträger penibel Rechenschaft abzulegen.

Auch in Brandenburg wurden die Datenerhebungspraktiken im Laufe der Zeit allmählich verfeinert und professionalisiert und gezielt Informationen von den untersten Amtsträgern abgeschöpft und ausgewertet. Mal ging es im Hinblick auf Geburtenzahlen, etwa von Jungen, um die Planung des zukünftigen Nachwuchses beim Militär oder den Handwerkszünften, mal um die Anzahl der Pferde, Ochsen und Schweine, mal auch nur um Anzahl und Zustand der Wälder und Forsten.

So berichtet etwa am 7. April 1786 der Amtsvorsteher Selchow in Fahrland pflichtschuldigst der Kammer: „Ich zeige hier gehorsamst an, daß die frühe Saat besonders in guten Boden, durchgängig gut stehet, auch die später gesät worden ist, hat sich bey der jetzigen fruchtbaren Witterung so erholet, daß ich nichts an ihr auszusetzen finde. Die sandigen Felder aber, haben hin und wieder durch Versandung etwas gelitten; es finden sich Stellen, wo bis jetzt wenig Saat zu setzen ist; eben so finden sich auch Stellen in der Niedrigung, die ausgesauert sind; dem ohngeachtet aber so bleibt uns doch alle Hoffnung zu einer guten Erndte übrig“. Ähnlich detailversessen waren etwa auch die Zählungen von Bäumen aus den Jahren 1785 und 1786, die auf „Königl Ämtern zur Vermehrung der Schäffereyen und des zur Futterung des Schaafviehes mit zugebrauchenden Laubes, gepflanzten, fortgekommenen und ausgegangenen Pappel, Weiden und Rüstern, desgleichen Espen, Eschen, Linden, Ebereschen, Erlen und Aahorn, auch ordinaire Weiden und Obstbäumen“, die ergab, dass insgesamt 246.068 gepflanzt, 162.930 eingegangen, 83.138 angegangen waren.[7]

Bekannt geworden sind die Besichtigungstouren des als schrullig eingestuften älteren Königs Friedrichs II. „der Große“ (1712-1786), der noch bis in das hohe Alter hinein auf seinen Inspektionsreisen bestand.[8] Meist beauftragte er seinen engsten Vertrauten mit der Planung der Reise und bestand auch darauf, niemanden vorab von seinem Vorhaben zu informieren. Auf solchen Reisen nahm er nur zwei oder drei Diener und einen oder zwei Wagen mit. Wesentlich häufiger und im Grunde alltäglicher waren freilich die Kontrollgänge vorgesetzter Beamter. Die Vielfalt der Aufgaben wird deutlich an dem Bereisungsprotokoll des Kriegs- und Steuerrates Cramer, der für die Altmark zuständig war. Im Einzelnen war Streit zu schlichten, Kassen zu kontrollieren, Verwaltungsaufgaben zu übernehmen, bestimmte Dienste zu verpachten und etwa die Kontrolle der Ernte zu überwachen.[9]

Bereisungsprotokoll der Altmark durch den Rat Cramer 1739
20./21.1.            habe zu Tangermünde einen Streit zwischen der Müller Gilde und dem dasigen Bäcker Gewerke untersuchet
16.2.                    Ist zu Bismarck das Bereisungsprotokoll aufgenommen
17.2.                    zu Calbe desgl.
18./19.2.              zu Gardelegen
20.2.                    zu Apenburg
21.2.                    Beetzendorf
23./24.2.              Salzwedel
25.2.                    Arendsee
26.2.                    Seehausen
27.2.                    Osterburg
6.3.                      Tangermünde
9.3.                      Rathenow
13.3.                    Arneburg
20./21.3.              Stendal
25./26.3.              Werben
17-22.4.              Rathenow, habe die Schleuseaufzugsgelder verpachtet; die Cämmerei, Servis, Feuer-Sozietäts- und SchulcollegenTischgelder kontrollier
23.-25.4.             Tangermünde, Kontributions- und Schoßgelde kontrolliert
28.4.                    Arneburg, Akzise, Kämmerei- und ServisRechnungen
29.4.                    Werben, desgl.
30.4.                    Seehausen, dito
2.5.                      Osterburg dito
3./4.5.                  Ahrendsee, dito
5.-8.5.                 Salzwedel, dito
9.5.                      Beetzendorf, dito
10.-12.5.             Gardelegen, dito
13.5.                    Calbe, dito
14.5.                    Bismarck, dito
20.5.                    Seehausen, neuer Bürgermeister introduciert
25.-28.5.             Auf Amt Burgstall mit Oberforstmeister den Holzmarkt abgehalten
4.-8.6.                 im Amt Arendsee dito
9./10.6.                in Salzwedel dito
11.-14.6.             im Amt Distorff dito
15.-18.6.             im Amt Neuendorf dito
25.-29.6.             im Amt Ziesar dito
30.6.-2.7.            Zollregulierung in Rathenow
3.-7.7.                 in Tangermünde Holzmarkt, zudem Ratskeller, Waage und Elbfähre verpachtet auf 6 Jahre
18./19.8.              Streit in Rathenow mit Freiamt Grünau geschlichtet
20./21.8.              in Rathenow die Zollverwalter aus Havelberg, Brandenburg, Friesack und Plaue ver-
nommen
9.9.                      in Berlin auf der DomänenKammer die Akziserechnungen für 1738 vorgelegt
22.-25.10.           habe in Rathenow diejenigen 20 Mann, so zum Berliner Regiment geliefert werden sollen, aufgezeichnet
5.11.                    in Tangermünde mit Generalmajor von Bredow wg. des Serviswesens conferiert
10.-13.11.           in Salzwedel Streit zwischen Schustern und Lohgerbern vermittelt
17.-20.11.           in Gardelegen; hat Auszug aus Haupt- und Nebenzöllen gemacht;
25.-27.11.           habe zu Tangermünde die Versammlung der Ritterschaft beigewohnt
2.-4.12.               in Rathenow zusammen mit Hauptmann von Bederitz die 20 Mann verpflichtet
15.12.                  in Gardelegen den neuen Kämmerer introducieret“

Steckte hinter einem solchen Informationsbedürfnis der Wunsch nach einer umfassenden und zentral gelenkten Wirtschaftsplanung, so offenbaren die konkreten, fragebogenartig angelegten Kataloge den Wunsch nach einer zentralen Lenkung aller Lebensbereiche. Dementsprechend hatte der schon erwähnte Rat Cramer nach einem penibel festgelegten Plan seine Kontrollaufgaben zu versehen.

Tätigkeitsprotokoll des Rates Cramer in der Altmark 1739
„8.-10.1.               habe zu Gardelegen die unterm dasigen Hauptzollambte stehende Nebenzöller eydlich vernommen, was sie an dem Pächter Linden jährlich an Zoll-Gelder abgeliefert, und deßhalb den 16ten dito an die hochlöb. Krieges- und Domainen-Cammer, mittelst Einsendung des aufgenommenen Protocollo, meinen Bericht abgestattet.
16.-18.2.             Ist zu Tangermünde die Regulierung des Arneburgschen Zoll-Districts von mir vorgenommen, zu welcher Zeit denn auch Bereysungs-Protocoll aufgenommen, und die Servis-Anlage formirt worden.
29.2.-2.3.            habe zu Rathenow die Raths-Schäfferey von neuem plus Licitanti verpachtet, auch das Bereysungs-Protocoll aufgenommen, und die Servis-Anlage zu Rathenow verfertigt.
14.-15.3 Ist zu Arneburg das Bereysungs-Protocoll von mir aufgenommen, wie dann auch die Servis-Anlage formirt worden.
16.3.      Zu Werben, desgleichen Verrichtungen gehabt
17.3.      zu Seehausen, dito
18.3.      zu Osterburg, dito
19.3.      zu Ahrendsee, dito
21.-23.3.             zu Salzwedel, dito
24.-25.3.             zu Gardelegen, dito
26.3.                    zu Calbe, dito
27.3.                    zu Bismarck, dito
6.-7.4.                 zu Stendal das Bereysungs-Protocoll aufgenommen.
11.4.                    habe zu Osterburg den Damm- und Brückenzoll auf anderweite 6 Jahr verpachtet
6.-8.5.                 seyn zu Gardelegen die Quartiere von mir reguliret gegen den Einmarsch des Churf. Printz Leopoldschen Regiments
17.-21.5.             Ist zu Rathenow die Accise-Cämmerey-Servis- und Schul-Collegen-Tisch-Gelder-Rechnung de ao. 1739 von mir abgenommen. desgleichen zum Bau der Mauer umb dasige Neustadt Veranstaltunge gemachet.
25.-28.5.             habe auf dem Königl. Ambte Burgstall mit Zuziehung Herrn Oberforstmeister von Bornstädts den HoltzMarkt gehalten
30.5.-1.6.            Ist zu Tangermünde der HoltzMarkt gehalten, nicht weniger habe die Accise-Cämmerey-Rechnung de ao. 1739 abgenommen.
2.6.                      zu Arneburg die Accise und CämmereyRechnung de ao 1739 abgenommen
6.6.                      bin nach Gardelegen gewesen, umb mit Ihrer hochfürstl. Durchl. den Printz Leopold zu sprechen, damit Korn und Fleisch fürs Regiment herbeygeschafft werden können.
9.-11.6.  habe zu Ahrendsee mit Herrn Oberforstmeister von Bornstädt Holtz-Markt gehalten, deßgleichen auch die Accise und Servis-Rechnung de ao. 1739 abgenommen.
12.-14.6.             ist aufm ambte Saltzwedel der Holzmarkt gehalten, wie denn auch zu eben dieser Zeit die Accise-Cämmerey und Servis-Rechnung de ao. 1739 abgenommen worden.
15.-17.6.             habe den HoltzMarkt auf dem ambte Diesdorff mit beygewohnt.
18.-21.6.             ist aufm Königl. Ambte Neuendorff dergleichen verrichtet; wiederum auch zugleich in Gardelegen die Accise-Cämmerey- und Servis-Rechnung de ao. 1739 abgenommen worden.
22.6.                    habe in Calbe und Bismarck die Accise- und Servis-Rechnung vom vorigen Jahre abgenommen.
23.-26.6.             ist zu Ziesar auf dem Königl. Ambte der Holtz-Markt mit Zuziehung Herrn Oberforstmeister von Bornstädts gehalten worden.
28.6.                    habe die der Gardelegenschen Cämmerey zustehende Acker-Breiten, wie auch Brück- und Wegegeld plus licitanti auf anderweite 6 Jahr verpachtet.
4.-5.7.                 Ist in Werben die Accise-Cämmerey- und Servis-Rechnung de ao. 1739 abgenommen.
6.-7.7.                 zu Seehausen dergleichen verrichtet.
8.-9.7.                 zu Osterburg eben solche Verrichtungen gehabt.
13.-14.7.             habe in Tangermünde mit Zuziehung Herrn Major von Cosels einige Klagen wegen der Einquartierung untersuchet, und solche hernachmahls gütlich beygeleget.
15.-16.7.             Ist zu Tangermünde mit Zuziehung Herrn Krieges Rath Dietrichs den Anschlag von dem daselbst aufzurichtenden KornMagazin verfertiget, und zur approbation eingesandt worden.
25.7.-11.8.          bin in Berlin gewesen theils zur Eydesleistung theils aber auch zu Ablegung der Altmärkischen Accise rechnungen de ao. 1739.
16.8.                    habe im Arneburg den Korn Mißwachs mit Zuziehung des Tangermündschen Beambten Nöthings in Augenschein genommen, und deßhalb an E. hochehrvoll. Consistorium Bericht abgestattet.
18.8.                    in Tangermünde den Korn Mißwachs, welchen diejenigen so von der dasigen Cämmerey Äcker in Pacht haben, besehen, und deßhalb die hochlöb. Krieges- und Domainen-Cammer berichtet.
19.-22.8.             habe in Rathenow die Accise-Zoll- und Krieges-Metzbediente in Pflicht genommen, auch verschiedene Accise-Defraudationes untersuchet, und davon Berichts abgestattet.
25.8.                    seyend zu Saltzwedel verschiedene Rathhäusl. Pertinentzien plus licitanti auf anderweite 6 Jahr verpachtet; deßgleichen die Accise- und Krieges-Metz-bediente, wie nicht weniger die Müller in Pflicht genommen.
26.8.                    habe zu Beetzendorff und Apenburg die Accise-Bedienten und Müller verpflichtet.
27.8.                    zu Ahrendsee und Osterburg die Accise-Zoll- und Krieges-Metzbedienten wie auch Müller verpflichtet.
29.8.                    zu Seehausen und Werben dergleichen Verrichtungen gehabt.
30.8.                    zu Arneburg desgl.
6.-7.9.                 zu Gardelegen den dasigen Bürgern und Bauern Löbingen wegen des Alvenslebenschen Junker-Zolles, welchen er vor dem in Pacht gehabt, ad Protocollum vernommen, und davon an die hochlöb. Krieges- und Domainen-Cammer Bericht abgestattet; nicht weniger seyend die Accise-Krieges-Metz-Bediente und Müller verpflichtet worden.
8.9.                      zu Calbe die Accisebediente in Pflicht genommen.
9.9.                      zu Bißmarck dergleichen verrichtet.
11.-12.9.             bin nachher Ahrendsee gewesen, und habe die Kaufleute Gahrts, Müller und Güssefeldt wegen des wieder Verboth außer Landes gebrachten Weitzens mit ihrer Verantwortung ad Protocollum genommen, und selbiges mit meinem Bericht an die hochlöb. Krieges- und Domainen-Cammer eingesandt.
16.-20.9.             habe in Rathenow mit Zuziehung Herrn KriegesRath Stottzen, Herrn Landrath von Briest und v. Massow, nicht weniger den Mühlen-Inspector Stecher aus Spandau wegen des Wasse Maasses Commission gehalten; deßgleichen mit ersten wegen der um die Neustadt Rathenow zuverfertigende Mauer das nöthige veranlaßt.
27.9.                    ist zu Arneburg die Accise-Rechnung vom Januar, Febr, Mart, April und May abgenommen.
28.9.                    zu Werben
29.9.                    zu Seehausen
30.9.                    zu Osterburg
1.10.                    zu Ahrendsee
3.10.                    zu Saltzwedel
4.10.                    zu Beetzendorff und Apenburg
5.10.                    zu Gardelegen
6.10.                    zu Calbe und Bismarck
14.-15.10.           zu Tangermünde
17.-18.10.           zu Rathenow dergleichen Verrichtungen gehabt.
10.-12.11.           bin in Tangermünde zu Abnahme der Contributions-Gelder-Rechnung de ao. pr. gewesen.
13.-16.11.           habe zu Rathenow bey denen Juden visitationes anstellen laßen, nicht weniger einige Zoll-Sachen untersuchet, und davon an die Hochlöb. Krieges- und Domainen-Cammer Bericht abgestattet.
21.-23.11.           Seyend zu Rathenow die 22 Stück Artillerie Pferde, so die altmärksche Städte liefern müssen, von mir in Empfang genommen, und an Herrn. General-Lieutenant von Linger in Berlin weiter abgeliefert worden
6.-10.12.             zu Rathenow die quartiere fürs gantze Printz Leopoldsche Regiment gemachet
11.-12.12.           habe zu Tangermünde ein detaille vom Zustande des Commercii aufgenommen, und solches an die Hochlöb. Cammer eingesandt.
15.-17.12.           zu Gardelegen die Quartiere fürs Printz Dieterichsche Regiment gemachet.
Stendal, den 31.12.1740“

Zusätzlich wurde dem Rat Cramer ein Manual, eine Art Fragebogen mit nicht weniger als 83 sogenannten Untersuchungspunkten vorgegeben. Die folgende Auswahl von 52 dieser Punkte verdeutlicht die penible Informationserhebung und den unmittelbaren Zusammenhang von Wissen und Herrschen.

„Untersuchungs Puncte bey Bereysung der Altmarkischen Städte incl. Rathenow
1. Ob der Einnehmer Caution bestellet?
2. Wie er sich in seinem Amte verhalte?
3. Wie der Controlleur?
4. Wie die übrigen Unter bedienten?
5. Ob Status-Casse nach dem §3 der gedruckten Instruction untersuchet und wie alles darbey befunden und wieweith die Accise-Rechnung abgenommen?
6. Ob nach proportion der Einwohner genügsahm Getreyde und Maltz consumiert werde?
7. Ob die avenues zur- und aus der Stadt zur Mühlen, also und dergestalt verwahret, daß weder über der Stadtmauer noch Wälle Fußsteige und Löcher gehen, und wenn dergleichen sich finden, welche der Accise und der Guarnison nachtheilig, solches und was solches abzustellen kosten werden?
8. Ob bey den Neben Anlagen, bey der Accise, die behörigen Praecautiones genommen, und selbige nach den Principii gefertigt worden, nemlich wenn die Aecker nicht vermessen, ob a) die Taxatores der Aussaath vereydet und eine richtige Specification der Aussaath bey der Accise von denen Thorschreibern asservirt werde? b) ob bey der Viehsteuer, nach dem die Specificatoones von denen visitatoribus alle halbe Jahre richtig übergeben worden, nach selbiger unvermuthete Proben angestellet, und derselben Richtigkeit untersuchet, und das Vieh nachgezählet worden.
9. ob, wann, und wie die visitationes von denen Accise-Bedienten geschehen, und wie es mit denen vom Jahrmarckt kommenden Kauffleuten und Cramern ratione der Visitation und Siegelung gehalten werde?
10. Ob und wie offt die Accise-Bediente bey der Casse mit einander ihre respective Manual Controlle-Thor-Register und Bücher collationiret? imgleichen ob auch täglich ein richtiger Abschluß bey dem Manual und Controlle gemachet werde?
11. ob alle und jede Bürger richtige Accise-Bücher haben und gehörig quitiret worden?
12. ob die Thor-Zettel von denen Thorschreiber richtig berechnet worden?
13. ob das Accise Manual mit den Ziese-Register gehörig collationiret und in conformitaet des Accise Manuals das Attest dem Ziese-Einnehmer wegen der Maltz-Säcke gegeben werde?
14. ob bey der Accise-Reste vorhanden und worin selbige bestehen?
15. was für straffbahre Causas untersuchet und abgethan, auch was daran an Straffen eingekommen?
16. ob gestempelt Pappier vorhanden, auch wieviel davon seith letzter Bereysung consumiret worden?
17. ob das Accise-Reglement bey revision der Accise Bücher zu Rathhause, in Gegenwart des Magistrats und AcciseBediente öffentlich verlesen, und solches überall nachgelebet worden?
18. ob die Fleisch, Bier und Brodt auch Brandwein-Taxe gehörig verfertiget, solche vom Commissario loci revidiret und dawider keine contraventiones vorgefallen?
19. Wieviel und was für neu erbauete Häuser taxiret worden, und ob dieselbe solchergestalt ausgebauet, daß sie nach der Königl. Verordnung zum Genuß der BrauFreyheit gelassen werden können.
20. Wieviel wüste Stellen in diesen Jahren und von dem dieselbe bebauet worden?
21. Wieviel wüste Stellen annoch übrig und wie derselben Anbau zu befordern?
22. ob die Bau- und Gräntz-Streitigkeiten mit dem Magistrat abgethan und wie solches geschehen?
23. ob noch Stroh- Rohr und Schindel-Dächer in der Stadt vorhanden und wieviel?
24. ob und wieviel Scheunen annoch darin befindlich?
25. Worinn der Stadt hauptsächliche Nahrung bestehet?
26. ob solche zu oder abgenommen?
27. Woher solches geschehen?
28. Welchergestalt solches zu remediren?
29. ob der Stadt in ihrer Brau- und Brandweins-Nahrung der BrauConstitution zuwider einiger Eintrag geschehen, auch wie, und welchem?
30. ob in der Stadt gesundes und klahres Bier gebrauen werde?
31. ob dem Tuchmacher-Gewercke die SchauOrdnung vorgelesen und darin dawider nicht gehandelt worden?
32. ob in der Stadt die Wochen Märckte nach der ergangenen Verordnung gehalten werden
33. ob wegen Richtigkeit der Maltz-Säcke und Maltz-Küffen in der Mühlen Proben gemachet worden?
34. ob auch richtiges Maaß Elle und Gewichte genommen?
35. ob und wieviel junge Bürger und neue Familien sich daselbst seit letzterer Bereysung etablieret?
36. ob es etwa an einem oder anderen Handwercke fehlet, welcher sich allhier nähren könnte?
37. ob und zu welcher Zeit die visitation der FeuerStellen geschehen und wie es dabey befunden worden?
38. was für Feuer Instrumente vorhanden, ob sie in gutem Zustande, und ob deren Zahl seit letzter Bereysung zu oder abgenommen?
39. ob die Stadt mit einer guten Feuer- und HoltzOrdnung versehen? wo nicht, so sind solche zu projectieren und zur approbation einzusenden?
40. Ob auch noch Schwengelbrunnen in denen Immediatstädten vorhanden und warum solche nicht abgestellet werden.
41. ob der Beytrag zur Feuer Societäts-Casse richtig, und von wem abgegeben? auch darüber eine ordentliche Rechnung, wenn und von wem aber solche revidiret, und abgenommen worden?
42. ob die Gewercke einem Assessor aus dem Magistrat haben und ein FabriquenInspekteur daselbst sey?
43. ob die Brauerschaft eine hinlängliche Brauordnung habe und wie solche beschaffen?
44. was der Fabriquen-Commissarius bey seiner letzteren Bereysung vor Mängel bey denen Manufacturen angezeiget, ob solche remedirt und wie sonst mit dem Fabriquen Commissario correspondiret worden?
45. ob das Servis-Wesen in Ordnung und wieviel Monathlich deßhalb baar auff gebracht würde. auch ob die Servis-Rechnung vom abgewichenen Jahr abgenommen?
46. ob der ordonnantz überall nachgelebet werde? oder ob der Magistrat und Bürgerschafft sich deßhalb zu beschweren Ursache habe?
47. ob die Stadt von anderen Orthen HülffsQuartier-Geld bekömmt?
48. ob die Officiers quartiere in natura oder quartier-Geld bekommen? und wieviel einem jeden bezahlet würde?
49. ob die officiers außer der Ordonnanzmäßige quartier-Geld auch Betten für ihre Domestiquen imgleichen Holtz und Douceurs bekämen?
50. ob der Magistrat oder die Bürger denen officiers ancker zu Wickfutter oder Wiesen ohnentgeldlich geben und Pflügen oder Fuhren tun?
51. ob die officiers die Wirthe bey welchen sie logieren, auch richtig bezahlen?
52. ob die enrollierte Bürger Söhne vor die Abschiede und Trau-Schein-Gelder geben müssen und wieviel?“

Es war diese Praxis der ständigen Kontrolle, der Zwang zur regelmäßigen Berichterstattung, zur ständigen Informationserhebung in immer präziseren Klassifikationsgruppen und Sachkategorien, die somit den Untertanen unmissverständlich und buchstäblich greifbar Routinen legitimierter Herrschaftspraktik vor Augen führten: erst die Durchsetzung der Maßnahmen begründete sozusagen deren Legitimation.

Freilich verliefen die Informationsströme in beide Richtungen. Denn resultierend aus der herrschaftlichen Analyse der Daten galt es, mit Anweisungen, Edikten und Gesetzen Fehlentwicklungen zu korrigieren und überhaupt in alltägliche Abläufe der Menschen vor Ort einzugreifen. Somit war es genauso essentiell, die normierenden Vorgaben in flächendeckende Bekanntmachungen umzumünzen. Wiederum waren die behördlichen Instanzenzüge ebenso wie die materiellen Möglichkeiten der Kommunikation dabei von entscheidender Bedeutung. So bemühte man sich um die Plakatierung der Gesetzestexte an den Stadttoren und Rathäusern und band zudem den Pastor in seiner Kirchengemeinde als Multiplikator (sozusagen die damaligen Influencer) und Vermittler („Übersetzer“) der Verordnungen ein. Zudem wurde die Behördenpost noch lange Zeit über die Landfolge der Landbevölkerung abgewickelt. Das bedeutet, man gab die Briefschatulle einem Ochsengespann und der Bauer fuhr damit bis zur nächsten Gemarkungsgrenze und übergab diese dann dem nächsten und so weiter.[10]

Der zweite Faktor umfasst den fiskalisch-ökonomischen Sektor. Als unmittelbare Folge der Erweiterung landesherrlicher Macht werden die zentralen exekutiven Stützen der Fürsten, juristisch geschulte Bedienstete auf der einen, das Stehende Heer auf der anderen Seite, innerhalb weniger Jahrzehnte massiv ausgebaut. Um diese gewaltigen Ausgaben bestreiten zu können, führte dies notgedrungen zu einem dramatischen Ausbau des Steuersystems. Neuartige Abgaben, die Akzise (als Umsatz-bzw. Mehrwertsteuer) für den Sold der Männer, das Proviantkorn für die Brotverpflegung der Soldaten sowie der Servis für die Unterbringung der uniformierten Männer treten neben die bis dahin und auch weiterhin erhobenen Kommunalsteuern. Damit lag der Fokus der Zentrale stets auch auf dem regelmäßigen Geldzufluss bzw. der sachdienlichen Verwendung der pekuniären Mittel. Dies wird deutlich, schaut man etwa auf den Bericht des Kammerpräsidenten von Mauschwitz (1730-1792) an den König vom Februar 1786.[11] Entsprechend dem schon bekannten Modul des Fragekatalogs wird vermeldet:

„1. reine Erträge der Kriegscasse
              die zur Krieges Casse fließenden Gefälle sind für den verflossenen Monat berichtigt

2. Zur GeneralDomainenCasse sind geflossen
              auf das Reminiscere-Quartal sind 47000 Reichstaler an die General-DomainenCasse bezahlet

3. Neue Ertraege der Accise, Zölle, Transito-Impost und Durchgangs-Accise
              hieran geschehe Kgl. Befehl gemäß die Anzeige nur alle 3 Monat

4. neue Commercio
              Leipziger Neujahrsmesse ist schlecht gewesen, jedoch haben die Fabrikanten in der Churmarck noch ziemlichen Absatz gehabt und zu Treuenbrietzen sind wiederum verschiedene Bestellungen von wollenen Waaren außerhalb Landes gemacht worden.

5. von den Finanzen
              auf der Verbesserung wird mit äußerster Sorgfalt Bedacht genommen

6. Getreide Preise
              Nach Ausschüttung von Magazingetreide wird der Scheffel Roggen zu 1 Taler 4 Gr. ausgebacken. Man hofft, daß wenn die Wasserfahrt wieder offen ist, auch der Getreidepreis wieder sinkt.

7. von Unglücksfällen
              haben sich keine solche ereignet, wovon Majestät Kenntnis haben müßten

8. von der Viehseuchen
              nichts bekannt

9. Versorgung ausländischer Recruten, Weiber und Kinder
              die Regimenter haben zur Versorgung nichts abgegeben“

Die Antworten des Königs Friedrich II. vom 14. Februar und 14. März 1786 beinhalten vor allem die Sorge um die hohen Getreidepreise und die Hoffnung: „Nur finde Ich dabey zu bemerken, daß die KornPreise dorten sehr steigen; indeßen will Ich hoffen, wenn erst die Ströhme wieder offen, und die Zufuhr stärcker gehet, daß solche wieder fallen“.

Der dritte, der gesellschaftlich-kulturelle Faktor, umfasst die Entstehung öffentlicher Räume, in der alltägliche Nachrichten oder etwa Alltags-Life-Hacks ausgetauscht, diskutiert und in ihren Umsetzungen ausprobiert werden. Es geht dabei also nicht nur um Sensationsgier (wir würden dies heute als Gossip bezeichnen), sondern auch um Vergleiche mit anderen Lebensbedingungen und dem Erkunden und Ausprobieren von Neuerungen. Als Plattform für diesen Austausch dienen neben Briefen und mündlichen Nachrichten von Reisenden und Umherziehenden[12] auch Zeitungen, vor allem die seit Mitte des 18. Jahrhunderts eingeführten Intelligenzblätter.[13] Es sei an dieser Stelle nur am Rande erwähnt, dass hier durchaus Konfliktpotential mit dem politisch-herrschaftlichen Faktor bestand. Denn einerseits wollten die preußischen Herrscher durchaus, dass die Untertanen (zumindest in einem Mindestumfang) lesen und schreiben lernten, damit diese die Anweisungen ihres Herrn besser verstehen und auch schriftlich ihre geforderten Angaben auflisten konnten; jedoch war eine eventuell daraus erwachsene grundsätzliche Kritik an den bestehenden sozialen und politischen Verhältnissen selbstverständlich unerwünscht; Bildung sollte also möglichst eine rote Linie beinhalten. Jedes „räsonieren“, jede Form von „Zusammenrottirung“ war verboten.

Da die Post bei der Distribution von Presseerzeugnissen eine entscheidende logistische Funktion besaß, hatte die Regierung folglich ein ideales Mittel in der Hand, um gezielt bestimmte Printmedien zu unterstützen oder diese aber auch in ihrem Herrschaftsbereich zu verbieten. Gerade in Krisen- oder Kriegszeiten, wenn die Verbreitung von „Fake-News“ des vermeintlichen Kontrahenten unter der eigenen Bevölkerung mit allen Mitteln zu unterbinden war, wurde von diesen Möglichkeiten rigoros Gebrauch gemacht. So befahl das Generalpostamt 1756 mit Beginn des Siebenjährigen Krieges das „Wiener Diarium“ nicht mehr zu befördern, da dieses „mit den gröbsten Unwahrheiten und Lügen angefüllet“ sei; zudem sei dort der preußische Einmarsch in Sachsen „mit den heßlichsten Farben“ geschildert worden, um Brandenburg-Preußen „Excesse anzudichten“.[14]

Nach diesen einleitenden Bemerkungen möchte ich vor dem Hintergrund der skizzierten enormen Bedeutung von Kommunikation und Verkehr einerseits auf den Straßenbau als Infrastrukturmaßnahme und andererseits auf die zunehmende Professionalisierung der Landespost eingehen.

2. Wege, Straßen und Chausseen

In einem im Umfeld des Generaldirektoriums Mitte des 18. Jahrhunderts erstellten Gutachten heißt es unter anderem: „Von allen Gegenständen, die die Aufmerksamkeit einer für das Wohl der Unterthanen wachenden Polizei erheischt, ist keiner für das Allgemeine wichtiger, wesentlich nützlicher als die Anlegung und Unterhaltung brauchbarer Landstraßen“.[15] „Besonders wesentlich wichtig“, so heißt es in dem Gutachten weiter, „ist ein solcher [Straßen-]Ausbau in der Kurmark, in einer Provinz, deren Hauptstadt den vierten Teil der Einwohner der ganzen Provinz in sich fasset, [die] an einem nur geringen Strome belegen, die mithin einen großen Teil ihres Consumtionsbedarfs durch Land Transport und noch dazu wegen der schlechten Beschaffenheit des umliegenden Bodens aus den entferntesten Gegenden erhalten muß[16], in einer Provinz, die in der Residenz eines mächtigen Königs das größte militairische Schauspiel, das die Welt kennt, nun seit 74 Jahren darstellt und dadurch eine Menge von Fremden herbeilocket, die sodann ihre Neu- und Wißbegierde nach Russland leitet, die zum Transito Handel nach Sachsen, Brehmen und der Lausitz die herrlichste bishero nur zu sehr verkannte Lage vom Schöpfer erhalten hat, in einem Lande, wo der eingeführte schnelle Betrieb der Geschäfte die Hauptquelle der erlangten Größe und des mächtigsten politischen Einflusses gewesen ist“. Wenige Jahrzehnte später fassten im Jahre 1817 der Heeresreformer Karl von Grolman (1777-1843) und der Baubeamte August Leopold Crelle (1780-1856) in einem gemeinsam verfassten Straßenbauplan die Motive etwas präziser.[17] Erstens seien gute Straßen notwendig „in militärischer Hinsicht, da die Bewegung der Truppen und alle Operationen, die im Krieg vorkommen, überhaupt die Vertheidigung und den Angriff erleichtern“ würden. Zweitens würden gute Wege „den Handel mit dem Ausland und im Innern allezeit“ ermöglichen „und die Mühe und Kosten des Transports der Waaren vermindern“. Drittens würde ein gut funktionierender innerer Verkehr „durch Verbindung der verschiedenen Landestheile behufs der gegenseitigen Mittheilung der Erzeugnisse erleichtern und dadurch die Cultur des Landes befördern“.

Der Zustand der Straßen und Wege war in der Frühen Neuzeit[18], nicht nur in Brandenburg, in einem erbärmlichen Zustand.[19] Die zumeist unbefestigten Wege erwiesen sich im Sommer als wahre Sandgruben, im Winter oder zur Regenzeit als morastige Sümpfe. Es gab kaum Wegbegrenzungen oder aufgeschüttete Fahrdämme, so dass die Wagenspuren den Weg immer weiter verbreiterten.[20] Die Folge war eine erhebliche Verteuerung der Transportkosten, da man nur mit kleineren und leichteren Wagen fahren konnte, längere Fahrtzeiten benötigte bzw. häufiger die Pferde wechseln musste. Die Ursachen für den maroden Straßenzustand in Preußen liegen – trotz aller Anstrengungen und Bemühungen – letztlich in einer immer noch begrenzten Herrschaftsdurchdringung und einer immer noch mangelnden Leistungsfähigkeit der politischen Zentrale. Die Widrigkeiten beginnen bereits damit, dass jede Provinz ihre eigene Wegeordnung hatte. So musste man sich im Generaldirektorium Mitte des 18. Jahrhunderts intensiver mit dem Wege- und Straßenbau beschäftigen und mehr als ein Dutzend Verordnungen auswerten. Diese Ordnungen spiegelten jeweils die Sonderentwicklungen in den Landesteilen wider, die vor allem von ständischen Privilegien, lokalen Sonderrechten und örtlichen Spezifika gekennzeichnet sind. Grundsätzlich wurde die Reparatur der Straßen dezentral geregelt. Jede Gemeinde, die von der Straße tangiert wird, hatte für dieses kurze Stück die Aufsicht und Reparatur zu übernehmen. Gelegentlich übernahmen für umfangreichere Arbeiten die Mittelbehörden die Kosten, bestimmte Pflasterungen wurden sogar aus der königlichen Schatulle beglichen. Grundsätzlich aber waren in der Logik der alteuropäischen Ständegesellschaft die Untertanen im Rahmen ihrer Hand- und Spanndienste zur Wegeausbesserung verpflichtet, die, meist zweimal im Jahr, ihre Arbeitsleistung erbringen mussten. Was auf den ersten Blick nach einem schier unerschöpflichen Reservoir an kostenfreien Arbeitskräften aussieht, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als Riesenproblem, verschlimmerten doch unzureichend ausgebildete, schlecht ausgerüstete und vor allem unmotivierte Bauern die Situation. Es fehlte an Effizienz, es fehlte an brauchbarem Arbeitsgerät, es fehlte an benötigtem Baumaterial – vor allem aber fehlte es an Geld und Investitionsbereitschaft und am dafür notwendigen Maß von Herrschaftsdurchdringung.

Folgender Bericht beleuchtet das gesamte Problem: „So bleiben die bösen Wege biß etwa das Gerücht erschallt, der König wird die Landstraße passiren. Nun entstehet ein gewaltiges Gepolter, die Wege sollen und müssen nun mit einem Male im Stand seyn. Die Befehle fallen wie Platzregen in wirklich gewählten allgemeinen Ausdrücken, und um das so wichtige Spezialia, wie dem Befehl zu genügen sei, ganz sorgenlos und unbekümmert, weil friedlich ein Bogen Papier mit Tinte weit leichthin beschrieben als ein tiefes Moderloch ausgefüllt ist. Da nun aber doch jedes Ungewitter eine schreckhafte Empfindung erregt, so erbebt auch der Landmann bei dem Donnerwetter von Wegebesserungs-Mandaten, greift zur Axt und zur Spade, und hacket und picket den Weg grade, füllet die Löcher mit Knackreiß, überfähret sie mit einigen Zoll hohen Gran, so dass der Landesherr beim schnellen Fluge seines Wagens mit einigermaßen verminderter Lebensgefahr durchkommen kann. Kaum hat er die Feldmark verlassen, so ist man bei dem ersten einfallenden Regenwetter sicher, dass der Weg noch dreifach ärger geworden als zuvor, weil dergleichen in vorbeschriebener Art über Hals und Kopf geschehene Wegebesserungen in der That und Wahrheit Verschlimmerungen sind“.[21]

Gleichwohl trat vor allem nach 1750 eine allmähliche Verbesserung ein.[22] Allerdings beteiligte sich Brandenburg viele Jahrzehnte nicht an der damaligen bautechnischen Straßenbaurevolution der neuartigen Chausseen als eines völlig neuen Fernstraßensystems.[23] Während etwa in Frankreich oder Großbritannien seit der Mitte des 18. Jahrhunderts in großem Stil neue Kunststraßen gebaut wurden, lehnte Friedrich II. Chausseen mit der Begründung ab, dann könnten militärische Angriffe leichter die Hauptstadt erreichen. Tatsächlich aber dürften eher modernisierungsfeindliche Motive ausschlaggebend gewesen sein.

Erst in den 1790er Jahren mit fast 50 Jahren Verspätung setzte unter dem Nachfolger Friedrichs ein entsprechender Bauboom ein. Verbunden mit diesen Chausseebauplänen war eine Klassifikation des Straßennetzes, die Straßen höherer Ordnung von denen geringerer Bedeutung unterschied. Die ersten Pläne sahen acht Streckenführungen vor: Zunächst sollte wegen der wichtigen Frankfurter Messe und der Kommunikation mit Schlesien die Strecke Berlin-Frankfurt/Oder, dann die Strecke von Berlin nach Leipzig, die über Saarmund und Treuenbrietzen führt („als Fracht- und Kaufmannstraße“), dann die dritte von Berlin nach Hamburg über Lenzen, dann die vierte von Berlin über Magdeburg nach Braunschweig und schließlich die fünfte von Berlin nach Stettin gebaut werden. Die weiteren drei Strecken galten bereits als Neubaustrecken geringerer Ordnung und sollten zum Beispiel Freienwalde oder Wriezen mit Berlin verbinden.[24] Während Berlin und auch Potsdam in besonderer Weise von der Straßenbaupolitik profitierten, und auch jene Orte, die unmittelbar an einer der Hauptverkehrsadern lagen, ebenso, stagnierte die Entwicklung bei solchen Orten, die abseits der großen Straßen lagen. Damit verstärkte sich eine Entwicklung, die wenig später mit dem Eisenbahnbau noch weiter beschleunigt wurde. Zwar versuchte die Regierung wo immer es möglich war, möglichst viele Orte und Städte an die Chausseen und Hauptstraßen anzubinden, jedoch konnte dies naturgemäß nicht überall funktionieren.[25]

Die Chausseen stellten mit der neuen Packlage-Bauweise eine bautechnische Neuerung dar. Dabei zerschlug man das aus den Steinbrüchen gebrochene Gestein in grobe, mittlere und feine Brocken. Mit den groben Steinen wurde eine feste aber wasserdurchlässige Grundschicht als Unterbau gebildet. Mit dem mittleren und feinen Material trug man zwei festgestampfte Deckschichten auf. Man achtete auf eine deutliche Wölbung der Fahrfläche, die den raschen Abfluss des Regenwassers sicherstellte, das dann in seitlich verlaufenden Gräben abgeleitet wurde. Gerade die Kombination von Pflaster und steinigem Unterbau erlaubte den Einsatz immer schwererer Karossen und vor allem großer Lastwagen. Die eigentliche Chaussee sollte etwa 20 Fuß breit sein, damit mindestens zwei Fuhrwerke nebeneinander Platz haben. Zusammen mit den an beiden Seiten ausgehobenen Wasserabzugsgräben, der Bepflanzung und den beidseitig angelegten Sommer- und Fußwegen kam die gesamte Anlage auf eine Breite von etwa 15-20 Meter. Neben der Wasserableitung dienten diese Gräben zusammen mit der Randbepflanzung dazu, die Chausseen zu markieren sowie vor allem die Fuhrleute davon abzuhalten, sich Nebenwege zu suchen und so die Mautstellen zu umgehen.[26] Schließlich favorisierte man Baumarten mit einem hohen Wasserbedarf und einer großen Blätterkrone, wie Pappeln, Linden oder Weiden, um die Passanten vor Witterungseinflüssen zu schützen und den Untergrund der Chaussee zu drainieren. Mit dieser Bepflanzung wurde auch die Grundlage für die malerischen und heute noch für Brandenburg so charakteristischen Alleen gelegt. Im Zuge dieses herrschaftlichen Engagements im Verkehrswegebau wurde jetzt auch verstärkt reglementierend in den fließenden Verkehr eingegriffen; in erster Linie nicht etwa um die Verkehrsteilnehmer zu disziplinieren oder die Unfallgefahr zu vermindern, sondern um die mit viel Mühe und Kostenaufwand gebauten Straßen zu schützen. So legte die Verordnung von 1796 fest, dass „in eine schon bestehende Spurrille keiner mehr hinein fahren darf. Auch dürfen zwei oder mehrere Wagen und Karren nicht direkt hintereinander in einer Spur fahren. Das Befahren der neben der Chaussee angelegten Erdwege ist nur bei deren völliger Trockenheit oder bei festgefrorenem Boden erlaubt. Bei dieser Beschaffenheit der Erdwege muß auch das schwere Fuhrwerk, also zwei-, drei- und vierspännige Karren sich derselben bedienen. Wer zur zulässigen Zeit auf dem Erdwege fährt, muß jedoch mit dem äußersten Rade zwei Fuß vom Rande des Grabens wegbleiben“.[27]

3. Postverkehr: Beförderung von Briefen, Waren und Personen

Im Laufe der Frühen Neuzeit entwickelte sich ein europaweit aufeinander abgestimmtes Netz von Fuhrunternehmern, das aus lokalen und regionalen, aber eben auch überregionalen Verbünden bestand[28]. Zu diesem dichten, miteinander kooperierenden Konglomerat europaweit agierender Speditionsanbieter gesellte sich ab 1490 mit der kaiserlichen Belehnung der Familie von Taxis mit der Abwicklung des Postverkehrs eine einzigartige Erfolgsgeschichte. Allmählich erfolgte der Umbau der Post zu einer institutionalisierten Reichspost mit eigener Gerichtsbarkeit unter der Aufsicht eines Generaloberstenpostmeisters. Dieser Erfolg des kaiserlichen Unternehmens stand jedoch analog zu Macht und Ohnmacht des Kaisers. In dem Maß, wie die Landesherren vor allem nach dem Dreißigjährigen Krieg und im Gefolge des Westfälischen Friedens 1648 an Macht und Einfluss gewannen, gingen sie dazu über, eigene Landesposten, zum Beispiel in Brandenburg-Preußen, aufzubauen.[29] Mit komplizierten bilateralen Verträgen wurde dann jeweils die Übergabe der Postsachen an den Landesgrenzen und deren Weitertransport geregelt. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts und dann im 18. Jahrhundert wurden diese Landesposten zur Beförderung von Fracht und Personen intensiv ausgebaut und zum Beispiel ganz gezielt und planmäßig Posthäuser, Relaisstationen und Gastherbergen errichtet. In Brandenburg wurde 1652 ein erster Generalpostmeister berufen. Im Laufe des 18. Jahrhunderts fungierte die Landespost als fast selbstständige Zentralbehörde und war mit dem Generaldirektorium durch Personalunion verbunden. Im Jahre 1766 sollte mit gleich drei Reglements sowohl das Postwesen als auch der Fuhrverkehr an die mittlerweile stark gestiegenen neuen Bedürfnisse angepasst werden. Die „Königliche Preußische allgemeine Verordnung das Postwesen betreffend“ vom 11. April 1766[30] definierte das Dienstleistungsangebot der Landespost und klärte Fragen der Befrachtung, regelte den inneren Betrieb und legte die einzelnen Tarife fest. Das Dienstleistungsangebot umfasste bei der fahrenden Post den Transport von Personen und gegebenenfalls deren Gepäck sowie aufgegebene Briefe, „Paquete und Gelder“, während die reitende Post meist in Manteltaschen oder Rucksäcken („Felleisen“) Briefe, Geld und kleinere Päckchen beförderte.[31] Darüber hinaus wurde in Berlin und Potsdam ein Netzwerk von Briefträgern aufgebaut, die sozusagen die letzte Entfernung bis zur Haustür besorgten. Mit „ordinari Post“ wurden plan- und kursmäßige Fuhren bezeichnet, andere, je nach Bedarf zusätzlich bestellte Wagen „Extra-Post-Fuhren“ genannt – ähnlich wie im heutigen Luftverkehr mit seinem Nebeneinander von Linien- und Charterflügen. Die Befrachtung war detailliert festgelegt: feine und edle Tücher waren „in wohlverwahrten Verschlägen mit Wachstuch oder guter Packleinwand überzogen“, „gröbere Kaufmanns-Waaren aber sollen mit guter Emballage [= Verpackung] gepacket und mit Stricken umschnüret werden“. Selbst frisches Fleisch, Lebensmittel „oder andere der Fäulniß unterworfene Sachen“ durften bei der Post aufgegeben werden. Eine große Rolle spielten neben Büchern und Zeitschriften offenbar auch Silber- oder Goldmünzen, Edelsteine oder andere wertvolle Gegenstände, die eigens zu verpacken bzw. in versiegelten Briefen aufzugeben waren. Schießpulver war jedoch bei Androhung hoher Strafe vom Transport gänzlich ausgenommen. Fahrende und reitende Posten waren gehalten, bestimmte Straßen und Wege zu benutzen, die sogenannten „Post-Routen“ oder „Post-Course“. Nach und nach wurden über ein immer dichter werdendes Netzwerk mit diesen Routen zunächst die großen Städte, dann die kleineren Städte und größeren Dörfer (ähnlich wie hundert Jahre später die Eisenbahn und zweihundert Jahre später die Autobahn) angeschlossen, die sich in „Haupt-Routen“ bzw. „kleine und Neben-Routen“ gliederten.[32] Diese Poststraßen waren zumeist halbwegs gut ausgebaut, besaßen vor allem eine ausreichende Breite, damit sich zwei Kutschen unterwegs begegnen konnten, Chausseen waren sie jedoch (noch) nicht. Hinzu kamen vielerorts praktische Infrastrukturmerkmale wie Meilensteine oder Wegweiser und natürlich in bestimmten Abständen Posthalterhäuser und Umsteigeknotenpunkte. Die Benutzung dieser Poststraßen stand unter Bann (also dem „Postregal“); bei Nutzung dieser Wege musste ein privater Fuhrunternehmer eine entsprechende Gebühr beim nächsten Postamt entrichten; die Quittung wurde als „Postzettel“ bezeichnet und war bei regelmäßigen Kontrollen auf den Poststraßen jederzeit vorzuzeigen. Der hochkomplexe und ehrgeizige Ausbau der Landespost erforderte einen erheblichen logistischen Aufwand. Einerseits musste eine immer größer werdende Kundschaft zufrieden gestellt und damit die Angebotspalette stetig ausgeweitet werden; andererseits galt es die technischen Abläufe zu gewährleisten und weiter zu optimieren: Unfälle mussten vermieden, ausreichend funktionstüchtige Wagen und taugliche Pferde bereitgestellt, der Personenverkehr geregelt und eine einheitliche Preisgestaltung inklusive eines Quittungs- und Belegsystems mit Frachtzetteln geschaffen werden. Die Fahrpläne waren aufeinander abzustimmen, die Pakete und Briefe ordentlich zu verpacken und mit Adressen zu versehen. Schließlich benötigte es brauchbares Personal, sehr viel Personal. Das Ganze lief letztlich auf die Schaffung einer eigenständigen Berufsgruppe hinaus; eine Berufsgruppe, die in einem längeren Prozess einer grundlegenden Professionalisierung unterzogen wurde. Diese Professionalisierung umfasste Ausbildung und Prüfung, einen detaillierten Dienstablauf, Uniformierung und Hierarchisierung, Dienstpläne, lebenslange Tätigkeit mit Pensionsanspruch, einen Kontrakt und Diensteid sowie einen gepflegten Umgangston, ein Minimum an gepflegtem Lebensstil (etwa keinen Alkohol im Dienst), Pünktlichkeit und Gehorsamkeit. Auch der freundliche Umgang mit den Kunden gehörte dazu – sicherlich ein schwieriges Unterfangen, den schwerfälligen und wortkargen Märkern jener Zeit ein wenig Offenheit und Empathie beizubringen. So wurde beispielsweise von den Postbehörden bitter beklagt, dass es „Gewohnheit geworden, daß so wohl die Leuthe welche etwas auff die Posten zur Bestellung geben, oder sich vornach erkundigen, von denen Postschreibern, sonderlich in großen Städten, wo sie viel Anlauf haben, unfreundlich angefahren, und ihnen entweder gar keinen Bescheid, oder doch wenigstens zuweilen nach langen Warthen mit unhöflichen Worten gegeben werden“.[33] An anderer Stelle wurde von den Reisenden beklagt, dass man in verschiedenen Poststationen „gar übel tractiret [= behandelt] und weder eine warme Stube noch etwas zu Essen bekäme, sondern öffters mit schnöden und losen Worten abgewiesen worden“ sei.[34] Eine lange Zeit unbeachtete Entwicklung im Kontext des weiteren Ausbaus der Post betraf auch die zunehmende Generierung einer landesweiten Uhrzeit. Bis weit in das 18. und das frühe 19. Jahrhundert hinein hatte jeder Ort sozusagen seine eigene Ortszeit, die zumeist von der jeweiligen Kirchturmuhr geprägt war. Gerade auch um die Ankunfts- und Abfahrtszeiten der Postkutschen für die Reisenden verlässlicher zu machen, bestimmte König Friedrich Wilhelm I. (1688-1740) im Jahre 1719, dass „wegen richtiger Stellung der Uhren sich die Postillione darauf verlassen können, daß alle Steuerräte und Kommissare in der Kurmark Brandenburg, die Magistrate in den ihnen unterstehenden Städten veranlassen, die Tüchtigkeit der Uhren und die richtige Stellung derselben zu besorgen. Denn seine königliche Majestät hatte vernommen, daß auf den Postkursen über die Unrichtigkeit der Uhren sehr geklagt worden war“. Jeder Postkutsche wurde alsbald eine eigene Uhr mitgegeben, so dass zunehmend zeitliche Diskrepanzen vor Ort erfasst und allmählich landesweit abgebaut wurden.[35]

4. Resümee

Erstens resultierte aus dem von Gewalt und Kriegen begleiteten, zum Teil jahrhundertelang währenden Staatsbildungsprozess die von der Forschung lange verkannte Hypothek eines fundamental neu ausbalancierten Herrschaftsverständnisses, nämlich mehr als je zuvor als gerechter Herrscher zu fungieren und die Untertanen vor Schaden aller Art zu behüten. Dieses komplexere Herrschaftsverständnis ging weit über die bisher einzig betrachteten legalen Aspekte von Herrschaft hinaus.

Diese weit reichenden und tiefgreifenden Entwicklungen bewirkten zweitens eine ganz neue Sicht auf Natur und Umwelt, indem nunmehr, eben zur Vermeidung von Gefahren und Unbilden für die Untertanen (und damit zur dauerhaften Sicherung der eigenen Herrschaft) in bisher nie gekanntem Ausmaß Informationen zu erheben waren, die wiederum komplex zu verwerten und in ein Reiz-Reaktions-Schema umzugießen waren. Der Blick richtete sich also nunmehr auf verwertbare, einzuordnende und zu systematisierende Faktoren; er veränderte die Bewertungsmaßstäbe, schuf neue Strukturen von Praktikabilität und brachte neue Abläufe und Praktiken hervor.

Vor diesem Hintergrund einer folglich resultierenden verrechtlichten und bürokratisch gestalteten Ausformung und Gestaltung von Herrschaft drittens kommen Planung und Organisation von Verkehr und Kommunikation gleich in doppelter Hinsicht eine zentrale Bedeutung zu. Einerseits mussten Informationen erhoben und andererseits Anordnungen verteilt werden. Damit liegt der Fokus also auf den spezifischen Sehnen und Nerven von Herrschaftsausübung, nämlich dem Straßenausbau und einem geregelten Postverkehr.[36]

Viertens verlief diese Herrschaftsdurchdringung unregelmäßig und war ein sehr langer Prozess. Denn die Widerstände waren enorm; lokale und regionale Rechte und Patronatsbeziehungen standen einem Durchregieren im Wege. Von einem „Absolutismus“, geschaffen in der Ideenwelt des 19. Jahrhunderts, konnte nie die Rede sein. Gleichwohl gelangen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts beachtliche Erfolge.

Fünftens blieben diese strukturellen Verbesserungen der Kommunikationswege nicht ohne Risiko für den Herrscher. Denn auf lange Sicht konnten sich die Menschen immer besser und schneller auch über andere Geschehnisse in der Welt informieren. Eine von Friedrich II. ursprünglich gewünschte Kanalisierung des Informationsflusses ließ sich folglich nicht verwirklichen: der Geist war aus der Flasche und es formierte sich eine kritische Öffentlichkeit, die schon sehr bald die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen vollständig umwälzen sollte.

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Pröve 2022: Pröve, Ralf: Der Kampf um Kundschaft als planwirtschaftliches Dilemma. Praktiken der Personenbeförderung im ausgehenden 18. Jahrhundert, in: Engel, Felix; Ruffert, Elisabeth; Seeger, Anke; Sträßner, Ulrike (Hg.), Aus der märkischen Streusandbüchse in die Welt hinein. Beiträge zur brandenburgischen, preußischen, sächsischen und internationalen Geschichte. Frank Göse zum 65. Geburtstag, Berlin 2022, S. 165-185.

Pröve/Winnige 2001: Pröve, Ralf; Winnige, Norbert (Hg.): Wissen ist Macht. Herrschaft und Kommunikation in Brandenburg-Preußen 1600-1850, Berlin 2001.

Sälter 1917: Sälter, Fritz: Entwicklung und Bedeutung des Chaussee- und Wegebaues in der Provinz Westfalen unter ihrem ersten Oberpräsidenten Ludwig Freiherr von Vincke 1815-1844, Witten 1917.

Schulze 1935: Schulze, Berthold: Das preußische General-Chausseebau-Departement, in: Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte 47 (1935), S. 154-161.

Stephan 1859: Stephan, Heinrich von: Geschichte der preußischen Post, Berlin 1859.

Stolleis 2017: Stolleis, Michael: Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte. Materialien, Methodik, Fragestellungen, Berlin 2017.


[1] Folgender Beitrag fußt auf meinem Vortrag anlässlich der Potsdamer Tagung Infrastruktur und Daseinsvorsorge im September 2023. Der Vortragsstil wurde dabei beibehalten.

[2] Vgl. nur allgemein Pohl 1989; oder, mit Fokus auf die Frühe Neuzeit, Bellingradt/Böning/Merziger/Stöber 2019; Herbst/Kratochwil 2009; oder Burkhardt 2005.

[3] Vgl. dazu auch Krohn 2006. Etliche Aspekte werden aufgegriffen in Pröve/Winnige 2001.

[4] Die Forschung hat erst relativ spät dieser politischen Dimension sowie der damit zusammenhängenden Multifunktionalität von Informationen Aufmerksamkeit geschenkt, vgl. etwa Brendecke/Friedrich/Friedrich 2008.

[5] Vgl. dazu etwa Stolleis 2017 sowie Blaich 1983.

[6] Im Laufe des 17. Jahrhunderts entwickelte sich daraus auch ein neuer Verwaltungstypus, vgl. etwa Hintze 1970.

[7] BLHA Potsdam Rep. 2 Kurmärkische Kriegs- und Domänenkammer, P. Präsidialregistratur, Nr. P.24. Acta betrf. die monathlichen Mediat-Berichte Pro 1786-1787. Vgl. zudem Generaltabelle von 1785 und 1786.

[8] Zum Beispiel im Juli 1779, als Friedrich persönlich und begleitet von nur wenigen Männern die „Rhin- und Dosse-Etablissements“ inspizierte. GSTA Berlin, II Rep. 14 Kurmark, CCLVI Nr. 7.

[9] Vgl. im Folgenden sowohl den Bericht des Rates Cramer („Bereisungs- und Tätigkeitprotokoll“) als auch die „Untersuchungspunkte“ vom 31.12.1739; BLHA Potsdam, Rep. 2 Nr. S12.

[10] Diesen Weg beschreibt anschaulich Prass 2001. Vgl. auch Löffler 2001; oder auch Kaak 2001.

[11] BLHA Potsdam Rep. 2 Kurmärkische Kriegs- und Domänenkammer, P. Präsidialregistratur, Nr. P.24. Nr. P.24 Acta betrf. die monathlichen Mediat-Berichte Pro 1786-1787. Bericht vom 13.2.1786.

[12] Immer noch unentbehrlich Gestrich 1994.

[13] Vgl. hierzu etwa Böning 1991; Kirchhübel 2003; oder Kempf 1991.

[14] GStA PK, HA I, Rep. 103, Nr. 1010; Meldungen vom 24.9.1756 und 2.10.1756. Auch Printmedien unbeteiligter Drittländer wurden argwöhnisch vorab auf solche Fake News überprüft und etwa dem Hamburgischen Correspondent „Partheylichkeiten“ unterstellt, da dieser Artikel aus Potsdamer Feder gekürzt und „nach Belieben verstümmelt hat“. Ebd., Schreiben vom 27.10.1758. Zum Konnex von Postausbau und Herrschaftsinteresse für die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts vgl. etwa auch Kundler 2001.

[15] GSTA, II. HA, Rep. 14 Kurmark CCVII Brücken und Wege. Generalia, Nr. 1, f. 47-60. Bereits kurz vorher, im Jahre 1754, wurde festgestellt: Ein gutes Wegenetz sei „dem Publico überhaupt und insbesondere zu Beförderung der Zufuhre der hiesigen Residentzien höchstnützlich“. GSTA, II. HA, Rep. 14 Kurmark CCVII Brücken und Wege. Generalia, Nr. 1, f. 1-6. In dem Schreiben wird eine frühere gescheiterte Initiative aus den Jahren 1739-1742 erwähnt.

[16] In einer etwas abenteuerlichen Berechnung wird argumentiert, dass Preußen 144.518 Pferde habe, jedoch nur Haferfütterung im Umfang von 17.873 Wispel selbst anbaue, so dass, vor allem im Kriegsfall, importiert werden müsse.

[17] GSTA, I. HA, Rep. 103, Nr. 892. Acta generalia Chausseen betr., 1800-1844, f. 24-46 (Chaussee-Bau-Plan für die kgl. Preuß. Staaten vom 10.4.1817).

[18] Vgl. allgemein Lay 1994; Gassner 1889; Kellenbenz 1990; oder Gräf/Pröve 2014, bes. S. 75-109.

[19] Informationen über das Wegenetz in der Uckermark liefert Enders 1992, bes. S. 628-631. Vgl. dazu auch Pröve 2002.

[20] GSTA II. HA, Rep. 14 Kurmark CCVII Brücken und Wege. Generalia, Nr. 1, f. 1-6. Dort heißt es: Es sei „die Passagen so unbrauchbar geworden, dass zu Winters Zeit vielfältig die Wagen umschmeissen oder die Pferde darin stecken bleiben“.

[21] GSTA II. HA, Rep. 14 Kurmark CCVII Brücken und Wege. Generalia, Nr. 1, f. 47-60.

[22] Vgl. auch Henning 1997 sowie auch Pröve 2009.

[23] Vgl. dazu Müller 2001; sowie Müller 2000. Vgl. dazu Schulze 1935; Liman 1993: oder mit einem konkreten Beispiel: Sälter 1917.

[24] Die überregionalen Straßen Brandenburgs sind verzeichnet in Heinrich 1973.

[25] Etwa in einer Verfügung des Innenministeriums vom 28.2.1827; vgl. BLHA Potsdam, Rep. 2 A, Nr. 402 Acta betr. Allgemeine Bestimmungen über die Anlegung und Unterhaltung der Chausseen. Erst mit erheblicher Verspätung Mitte des 19. Jahrhunderts und nur unter weiteren Bemühungen seitens des Landrates in Oberbarnim konnte eine Verbindungschaussee zwischen Wriezen und Freienwalde gebaut werden. Vgl. dazu BLHA Potsdam, Rep. 2 A, Nr. 592, Schreiben vom 21.3.1837.

[26] Vgl. etwa auch Krüger 2020, bes. S. 211-223. Weitere Abbildungen zum Chaussee- und Straßenbau finden sich zudem dort im Anhang.

[27] Reglement vom 31. Mai 1796, in: Novum Corpus Constitutionum Marchicarum, Zehnter Band, Berlin 1797.

[28] Vgl. hierzu auch Pröve 2022.

[29] In Brandenburg wurde 1652 ein erster Generalpostmeister berufen. Im Laufe des 18. Jahrhunderts fungierte die Landespost als fast selbstständige Zentralbehörde und war mit dem Generaldirektorium durch Personalunion verbunden. 1808 bzw. 1810 wurde die Post dem Innenministerium und 1848 dem Ministerium für Handel und Gewerbe unterstellt. Vgl. Matthias 1812; sowie Stephan 1859. Zu empfehlen ist zudem Dallmeier 1978.

[30] Der gesamte Text ist zu finden in: Novum Corpus Constitutionum Prussico-Brandenburgensium Marchicarum, Bd.4 [1766-1779]. Berlin 1771, Sp. 285-294.

[31] Durch einen glücklichen Zufall sind wir über den Inhalt eines solchen behördlichen Pakets informiert. So ging das Konvolut mit Berichten und Akten des Oberforstmeisters von Kropff an die Regierung auf der Post von Storkow nach Berlin im Jahre 1795 verloren. Dieses enthielt einen Bericht des Colberg wegen Nutzholz beim Amt Sachsendorf, den Bericht des Seidel wegen Aufbau der abgebrannten Friedrichsfelder Vorwerksgebäude, der jährliche Jagdbericht des Rates zu Beelitz, Rechnungen über die Stubbenholzgelder, einen Bericht wegen Liebenberg im Amt Rüdersdorf sowie fünf weitere Schriftstücke. Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam (künftig BLHA), Rep. 2 Nr. A 382.

[32] Vielen Vorschlägen für neue Postrouten wurde, wenn das Verkehrsaufkommen als zu gering angesehen wurde, auch eine Absage erteilt, so etwa im Jahre 1770 dem Antrag des Kriegs- und Steuerrats Weyde in Stendal, von dort bis Berlin eine reitende Post anzulegen („daß nicht wohl abzusehen ist, wie sich dergleichen neue Post interessiren sollte, da die Correspondenz nach und von Stendal nicht beträchtlich ist“). BLHA, Rep. 2, Nr. S 2141.

[33] GStA PK, HA I Rep. 103, Nr. 635, Einlassung vom 1.10.1748. Diese gewünschte Freundlichkeit und Umgänglichkeit wurde allerdings auch von der Post-Kundschaft verlangt. So solle es „auch keinem erlaubt seyn, einen Postillion zu schlagen oder zu peitschen, oder die angespannte Pferde durch Domestiquen peitschen zu lassen, und überhaupt keine Gewalthätigkeit auszuüben“.

[34] GStA PK, HA I Rep. 103, Nr. 635, Schreiben vom 26.10.1717.

[35] Verordnung vom 6.3.1719 „Verordnung, wegen richtiger Stellung der Uhren, daß sich die Postillions darauf verlassen können“, in: Corpus Constitutionum Marchicarum, Berlin 1736, 4. Teil 1.3, Nr. CXXIV.

[36] Es sei an dieser Stelle der unmaßgebliche Hinweis auf einen einflussreichen popkulturellen Bezug zum Konnex von funktionierendem Postbetrieb auf der einen und der Aufrechterhaltung von Ordnung auf der anderen Seite gestattet: In seinem Buch The Postman (1985, Deutsch: 1998) von Glen David Brin, verfilmt von und mit Kevin Costner (1997) findet der Held im postapokalyptischen Amerika eine alte Postuniform und einen Sack mit Briefen, die er auszuliefern beginnt, woraufhin allmählich gesellschaftliche Ordnung und zivilisatorische Errungenschaften zurückkehren.