Grusswort

Grußwort zur Eröffnung des Potsdam-Museums am 22.9.2013

von Ralf Pröve

Sehr geehrte Damen und Herren,

Wer ein Museum betreibt, erzählt eine Geschichte, oder besser: viele Geschichten. Zu einer guten Erzählung gehören Handlung und Spannungsbogen, ein gut aufgestelltes Figurenensemble und endlich eine Botschaft, ein Interpretationsangebot.

All das finden Sie auch im Potsdam-Museum, in seiner Dauerausstellung. Das Gebäude, die Anordnung der Räume, das Zusammenwirken der Stellwände, der Bodenbeläge und Aufgänge bilden ebenso wie Farbgestaltung, Ton, Lichteinfall, Größe und Aufstellmodus der Vitrinen, die inszenierte Aufbereitung der Exponate und natürlich die Texttafeln einen Sinnkontext, sozusagen die Matrix der historischen Erzählung.

Vergangene Zeit wird somit sinnlich, informativ, lebbar, erlebbar. Das ist eine große Verantwortung. Die Besucher werden mitgenommen, mitgerissen, sie lauschen und lesen, fühlen und denken. Es werden wie in einer Erzählung Logiken von Wirkung und Ursache angeboten, Erklärungsmuster präsentiert, Fragen zur Diskussion gestellt. Die Ausstellung schafft Identifikation, sie schafft Sinn.

So ist es die größte Herausforderung für alle historisch ausgerichteten Stadtmuseen: wie kann ich die große Welt, wie kann ich die langfristigen Entwicklungen (Revolution, Industrialisierung, Modernisierung, politische Regime) verdeutlichen und zugleich den spezifischen lokalen und regionalen Kontext, also eben die Geschichte der Stadt darin einbetten?

Was bei den Stadtmuseen in Northeim, Göttingen oder Lemgo vielleicht noch überschaubar ist, bekommt in Potsdam eine ganz andere Dimension. Kaum eine andere Stadt ist derart populär, bekannt freilich für Entwicklungen, die mit der Stadtgeschichte selbst gar nicht so viel zu tun haben. Ich erwähne hier nur die mediale Zuschreibung als Soldaten- und Militärstadt, Stadt Friedrichs II., Tag von Potsdam, Konferenz von Potsdam, Potsdam als Hauptstadt usw.

Welch eine Aufgabe, welch eine Herausforderung, eben nicht ein Preußenmuseum zu schaffen, ein Brandenburgmuseum, oder gar ein Hohenzollernmuseum oder ein Militärmuseum, sondern einen Museums-Ort, an dem sich die Einwohner von Potsdam einträchtig und versöhnlich wiederfinden, ein Ort, der auf die kleinen und großen Geschichten der Stadt an Nuthe und Havel eingeht. Der den Alltag der Menschen integriert. Der den Menschen ein historisches Zuhause verschafft.
Es war die Aufgabe des wissenschaftlichen Beirats in den vergangenen knapp drei Jahren hier ein Konzept mit entwickeln zu helfen, das diesen Problemen Rechnung trägt. Der Beirat, und dies war eine kluge Wahl, besteht aus Museumspädagogen, Ausstellungsmachern und Historikern. Ein interdisziplinäres neunköpfiges Team also, in dem jede und jeder seine Stärken und Erfahrungen einbringen konnte. Wir waren nicht zum repräsentieren da, sondern zum arbeiten. In vielstündigen Sitzungen wurde in spannungsreichen und engagierten Diskussionen um das Konzept gerungen, um die Botschaft der Erzählung, das Figurenensemble, den Spannungsbogen.

Welche Exponate aus dem großen Museums-Fundus sind vorhanden? Muss um einige dieser Exponate eine kleine Geschichte drum herum erzählt werden? Haben wir für wichtige Themen gar keine Exponate?
Was ist eigentlich Potsdam? Welche Identität wollen wir darstellen? Wie die Wechselwirkung von klein zu groß und von groß zu klein erzählen?

Das Modul-Konzept mit den jeweiligen thematischen Zuordnungen stellt eine interessante, wie ich finde, glückliche und geglückte Lösung dar. Jeweils werden aus alltags- und sozialgeschichtlicher, also lebensweltlicher Perspektive heraus die großen und die kleinen Vorkommnisse anschaulich dargeboten, versucht, über ein besonderes Exponat oder die Biographie eines Potsdamers, geschichtliche Zusammenhänge sichtbar zu machen. Bereits die doppelte Modulbezeichnung, die jedem Zeitabschnitt auch eine aktives Motto beimisst, macht dies deutlich.

Drei Punkte möchte ich herausheben.

Erstens werden immer wieder die Zeitlinien thematisch aufgebrochen, also wichtige Themen wie Militär oder Zuwanderung über die Epochen hinweg präsentiert und so aus der großen Linie heraus stärker auf Potsdam fokussiert.

Zweitens lassen sich an verschiedenen Medientischen in interaktiver Form vom Besucher unterschiedliche Ebenen miteinander vermischen, so dass die Verquickung der Ereignisse und Entwicklungen deutlich wird.

Drittens endet die Ausstellung nicht mit der Vergangenheit, sondern bezieht die Zukunft mit ein. Mit einem grandiosen Videokonzept werden Potsdamerinnen und Potsdamer nach ihrem ganz persönlichen Potsdam und den Erwartungen an die Zukunft in der Stadt befragt.

Wie die Besucherzahlen zur Friedrich-Ausstellung oder die vielen Schenkungen Potsdamer Bürgerinnen und Bürger an das Museum zeigen, ist das Potsdam-Museum erfolgreich dabei, zum zentralen Ort für das historische Gedächtnis der Potsdamerinnen und Potsdamer zu werden und hierbei einen wichtigen Pfeiler für die Identifikation der Menschen mit und in ihrer Region zu bilden.

Man kann den Verantwortlichen, dem Magistrat von Potsdam und der Stadtverordnetenversammlung, sowie natürlich dem famosen Museums-Team nur danken, dass es sich einer derart wichtigen und verantwortungsvollen Aufgabe gestellt haben. Sie haben Mut und große Entschlossenheit gezeigt und sie haben die dafür notwendigen finanziellen Mittel bereit gestellt.

Ich wünsche dem Potsdam-Museum im Namen des wissenschaftlichen Beirats viel Erfolg, spannende museologische und wissenschaftliche Diskussionen und viele hilfreiche Rückmeldungen sowie allzeit eine volle Bude.

Ich danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

Potsdam, am 22. September 2013