Akteure (2012)

Akteurskonzepte

von Ralf Pröve

sind als menschliche Individuen stets im Rahmen von Akteursgruppen zu denken. Gemäß konstruktivistischen Grundannahmen ist ein Überleben einer einzelnen Person nur vor dem Hintergrund sozialer Sinnstiftung und intersubjektiver Konsenskonstruktionen denkbar.

Der Mensch als soziales Wesen bedient sich bewusster und unbewusster Spiegelungsmechanismen, um seine sogenannten Ich-Konstruktionen aufrecht zu erhalten, Reize, Wahrnehmungen und Erfahrungen sinngebend einzuordnen, die Komplexität des Lebens zu reduzieren und ein Überleben zu gewährleisten.

Dies gelingt ihm durch vielseitig-bewegte und andauernde, materiell oder immateriell fassbare Kommunikationsprozesse, die zentral an das sprachliche Zeichensystem und somit an intersubjektive Sinn- und Bedeutungszuschreibungen, als Kultur(en), gebunden sind.

Mittels unzähliger semantischer Konzepte, wie z.B. Nation, Staat, Volk, Gesellschaft, Familie, Verein, und verschiedener kognitiver Modi, wie z.B. dem Erzählen, konstruieren sich die Akteure Zugehörigkeiten, Gruppen, Abhängigkeiten, eigene kognitive Schubladen und Wissenshorizonte, vor deren Hintergrund sie ihre jeweiligen Identitäten konstituieren.

Die Identitätskonzeptionen unterliegen dabei einem steten Wandel und sind abhängig von den spezifisch-situativen und kontextbezogenen Anforderungen, in denen sich die Akteure entsprechend ihrer mentalen Prädispositionen und ihrer Erfahrungshorizonte reflektieren und scheinbar nachgeordnet, vielmehr aber immanent, Handlungskonzepte abrufen.

  1. Akteure

a) Akteur als Forschungsgegenstand
Akteure = Handelnde Subjekte innerhalb von Akteursgruppen (Urheber einer Handlung), eingebunden in Strukturen/Gesetzmäßigkeiten
Frage: individuelle Akteure und kollektive Akteure (Unternehmen, Staaten)? oder bestehen kollektive Akteure eben auch nur aus individuellen Akteuren?

b) Akteur als Forschungsgegenstand (geschichtsphilosophische Grundannahme)
Betrachtungsebene Kultur-Tür, praxeologischer Ansatz, doppelte Konstitution von Wirklichkeit, keine Marionetten oder enthistorisierte Individuen

  1. Struktur/Akteur, stetige Wechselwirkung und Veränderung

a) Beispiel Sprache
– Struktur/Gesetzmäßigkeit: Grammatik, Syntax, Wortschatz
– ständige Veränderung von Sprache, Neologismen, neue Regeln, Brechung der Regeln

b) Beispiel gesellschaftliche Ordnung
– Ständehierarchie
– ständige Durchbrechungen dieser Hierarchie, Aufstieg, Abstieg, Revolution

offen bleibt: was ist stärker? Ausmaß der Autonomie? Freier Wille? Das Selbst und die Gesellschaft?

  1. Akteure im Handlungskontext

a) Innere Akteursfaktoren
Kognitive Potenziale, Sozialisation, Erfahrung, Geschlecht, Körper

b) Äußere Akteursfaktoren
Vernetzungsbudget, Kapitalsorten, Beziehungsnetzwerk, Geschlecht, Körper

c) Kommunikationsfaktoren (Medien)
Diskurse, Symbole, Sprache, Gesten, Rituale

d) Feldfaktoren
Akteursgruppen, Milieus, soziale Räume